Besondere Schutzrechte

Um zu verhindern, dass Künstlerinnen und Künstler von ihren in der Regel wirtschaftlich stärkeren Vertragspartnern über den Tisch gezogen werden, sieht das Urheberrecht eine Reihe besonderer Schutzrechte vor:

  • Das Recht auf eine angemessene Vergütung erlaubt es Urhebern, von ihrem Auftraggeber selbst dann ein "angemessenes" Honorar zu erzwingen, wenn im Vertrag ein niedrigeres Honorar vereinbart war.
  • Der Anspruch auf eine weitere Beteiligung gibt vor allem Buchautoren das Recht zu einer Honorarnachforderung, wenn ihr Buch überraschend zum Bestseller geworden ist.
  • Das Folgerecht garantiert Bildenden Künstlern eine Beteiligung an der Wertsteigerung ihrer Werke, die bei einem Weiterverkauf realisiert wird.
  • Das Recht zum Rücktritt vom Verlagsvertrag ermöglicht es z.B. Autoren, aus einem Buchvertrag auszusteigen, wenn das Buch vergriffen ist und der Verlag es nicht neu auflegt.
  • Das Recht zum Rückruf von Nutzungsrechten "wegen Nichtausübung" ermöglicht es z.B. Autorinnen, aus einem Buchvertrag auszusteigen, wenn der Verlag ihr Buch gar nicht erst heraus bringt.
  • Das Rückrufrecht "wegen gewandelter Überzeugung" ermöglicht es z.B. Publizisten, ein Buch vom Markt zu nehmen, hinter dem sie inhaltlich nicht mehr stehen.
  • Das Kündigungsrecht für Optionsverträge ermöglicht es z.B. Musikerinnen, aus Verträgen auszusteigen, mit denen sie sich in jungen Jahren per "Knebelvertrag" für ihre gesamte Zukunft an einen Plattenverlag gebunden haben.
  • Das Recht und die Pflicht zur jährlichen Auskunft über die erfolgte Nutzung. – Das Recht auf Auskunft wurde bereits im März 2017 verankert. Dazu (sowie weiteren Änderungen des Urheberrechts) hatte ver.di eine Übersicht mit Handlungsempfehlungen zusammengestellt. Seit der Neufassung des hier einschlägigen § 32d UrhG vom Juni 2021 müssen die Kunden sogar proaktiv Auskunft erteilen "über den Umfang der Werknutzung und die hieraus gezogenen Erträge und Vorteile".
  • Das Recht auf umfassende Auskunft bei gewerblicher Verletzung der Rechte nach § 101 UrhG.

Genauere Angaben zum Inhalt und den Besonderheiten der Regelungen finden sich in den jeweiligen Detailtexten.

Und weil der Gesetzgeber zumindest manchmal schlau ist und weiß, mit welchen Tricks die stärkeren Vertragspartner solche Rechte immer wieder auszuhebeln versuchen, hat er zusätzlich einen Umgehungsschutz in das Gesetz eingebaut. Der besagt, das Urheber auf diese Rechte nicht von vornherein verzichten können. Sie gelten also auch dann, wenn im individuellen Vertrag das Gegenteil steht.

Sollte zum Beispiel ein blauäugiger junger Maler mal einen Vertrag unterzeichnen, in den ein übler Partner hineingeschrieben hat, dass mit dem Kaufpreis für ein Bild auch das Folgerecht abgegolten ist – macht nichts! Eine solche Vertragsbestimmung ist nichtig; die Beteiligung am Weiterverkauf muss trotzdem gezahlt werden.

Das Gleiche gilt für Verträge, die eine nachträgliche Anhebung eines zu niedrigen Honorars auf ein angemessenes Niveau ausschließen: Ein vertraglicher Verzicht auf ein angemessenes Honorar ist ebenso nichtig wie der Verzicht auf ein anderes der genannten Schutzrechte. Sollte jemand solche Sauklauseln – zum Beispiel in einem Total-Buy-out-Vertrag – unterschrieben haben, so gelten trotzdem die Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes.


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