Selbstständig neben einem Arbeitsverhältnis

Wer einen festen Job hat, kann nebenher grundsätzlich selbstständig arbeiten. Allerdings nur, solange das keine Auswirkungen auf die angestellte Tätigkeit hat: Nicht erlaubt sind Nebentätigkeiten, die dem Arbeitgeber Konkurrenz machen oder die Arbeitsleistung in der Festanstellung beeinträchtigen. Letzteres ist schon dann der Fall, wenn eine IT-Fachkraft zu Hause die ganze Nacht am Computer sitzt und deshalb morgens regelmäßig unausgeschlafen zur Arbeit kommt.

Unerlaubte Nebentätigkeiten können – je nach Art und Umfang – gravierende Folgen bis hin zur fristlosen Kündigung haben. Schon aus diesem Grund sollten Beschäftigte jede geplante Nebentätigkeit dem Arbeitgeber "anzeigen" – auch wenn dazu (außer bei Beamten) keine gesetzliche Verpflichtung besteht. Für Angestellte kann und wird eine solche Verpflichtung allerdings im Arbeits- oder Tarifvertrag stehen. Daher ist diese Formalie auf jeden Fall zu klären, insbesondere dann, wenn die nebenberufliche Selbstständigkeit in derselben Branche stattfindet, wie die Tätigkeit beim Arbeitgeber. Das ist nach § 60 HGB ausdrücklich nur mit Einwilligung des "Prinzipals" erlaubt. Dabei darf der Arbeitgeber Nebentätigkeiten nicht generell oder willkürlich verbieten: Wenn die Nebentätigkeit keine "schutzwürdigen Interessen" des Arbeitgebers berührt, haben Angestellte einen Rechtsanspruch auf Nebentätigkeit bzw. die Nebenarbeitserlaubnis – auch wenn im Arbeitsvertrag etwas anderes steht – solange keine berechtigten Interessen des Arbeitgebers verletzt werden. Kritisch sind hier neben einer Tätigkeit als oder für ein Konkurrenzunternehmen vor allem überlange Arbeitszeiten, die die Arbeitsfähigkeit im Hauptjob oder die Erholungsfähigkeit gefährden. Dass der Nebenjob auch nicht während der Angestellten-Arbeitszeit ausgeübt werden darf, dürfte klar sein.  

Wenn der Umfang des Nebenjobs erheblich ist, gibt es in größeren Betrieben einen Bypass: Angestellte, die in einem solchen Betrieb arbeiten, haben einen Anspruch auf Teilzeit, die auch genutzt werden kann, ein Gewerbe oder eine freiberufliche Tätigkeit auszuweiten. Konkret gilt der Anspruch nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz wenn der Arbeitgeber mehr als 15 Personen beschäftigt und das eigene Arbeitsverhältnis bereits sechs Monate läuft. Abgelehnt werden darf die Teilzeitarbeit nur, wenn dem betriebliche Gründe entgegenstehen, bei Beanspruchung von Elternzeit gar nur, wenn dringende betriebliche Gründe gegen die Teilzeit sprechen. Und seit Januar 2019 ist der Anspruch noch einmal attraktiver geworden: Mit der Einführung der sogenannten Brückenteilzeit gibt es nun ein Recht, nach einer Teilzeitphase zwischen einem und fünf Jahren wieder eine Vollzeitstelle zu bekommen. Das Recht gibt es allerdings nur in Betrieben mit mehr als 45 Angestellten und wiederum nur, wenn keine betrieblichen Gründe dagegensprechen.

Und da es immer wieder gefragt wird, hier noch einmal ausdrücklich: Ja, natürlich dürfen auch Selbstständige einen Minijob nebenbei annehmen, für den dann die üblichen Vergünstigungen gelten.

In der gesetzlichen Krankenversicherung bleibt die selbstständige Nebentätigkeit zunächst versicherungsfrei. Sobald aber die selbstständige Tätigkeit zum Hauptberuf wird, erlischt die Versicherungspflicht für den Angestelltenjob. Wer an diesem Punkt ankommt, muss sich also von da an als Selbstständiger bzw. Selbstständige versichern – privat oder freiwillig in einer gesetzlichen Krankenkasse, oder gegebenenfalls über die KSK. Genaueres zu den Möglichkeiten bei solchen Mischformen steht im Kapitel zur Krankenversicherung.

Bezüglich der Startformalitäten, der Steuer und der Rentenversicherung gelten die allgemeinen Regeln, die in eigenen Texten beschrieben sind.

Selbstständige Tätigkeit für den eigenen Arbeitgeber

Grundsätzlich ist eine Tätigkeit in Selbstständigkeit und in Anstellung auch zur gleichen Zeit beim gleichen Auftrag- bzw. Arbeitgeber möglich – jedoch nur, wenn es sich wirklich um zwei verschiedene, voneinander getrennte Tätigkeiten handelt. Wer also eine solche Konstruktion mit dem Ziel wählt, Sozialversicherungsbeiträge zu sparen, sollte sich auf Probleme mit der Krankenkasse einstellen. Die muss und wird gleiche oder sehr ähnliche Tätigkeiten, die für einen einzigen Auftrag- bzw. Arbeitgeber ausgeführt werden, als einheitliches Beschäftigungsverhältnis einstufen und Beiträge für die (nur vermeintliche) Honorartätigkeit nachfordern. "Eine 'einheitliche Beschäftigung' liegt nicht vor", entschied das Bundessozialgericht 2012 (Az. B 12 R 1/11 R), "wenn zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit kein notwendiger Zusammenhang besteht, insbesondere wenn weder die selbstständige Tätigkeit als solche noch die konkrete Art und Weise ihrer Ausübung vom Bestand der Beschäftigung abhängig sind." – Eine zusätzliche selbstständige Tätigkeit beim Arbeitgeber ist nur möglich, wenn es sich wirklich um eine andere Tätigkeit handelt, die von den Aufgaben in der Anstellung eindeutig abzugrenzen ist. (Siehe dazu auch die Erläuterungen in den "Richtlinien für die versicherungsrechtliche Beurteilung..." des GKV-Spitzenverbandes, Punkt 2.1.2)


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